„Burnout vorbeugen und heilen“ (2013), Paderborn, Junfermann

 

Durch meinen beruflichen Hintergrund als Arzt kam es dazu, dass ich in meiner Rolle als Coach häufig zum Thema Burnout angefragt wurde. Ich stellte fest, dass ich meine Klient*innen in sehr kurzer Zeit auf einen gesunden Weg in ihrer Lebensgestaltung führen konnte.
Anders als all die Ansätze, die ich damals in der Literatur finden konnte, legte ich mein besonderes Augenmerk auf die Stillung der Grundbedürfnisse, insbesondere auf die Bedürfnisse nach Zuwendung, Erholung, Pausen und Schlaf.
Die viel genannte „Work-Life-Balance“ nenne ich „Balance der Lebensbereiche“.
Ausgehend von den Themen meiner Coachees entstand ein Buch, in dem die wichtigsten psychologischen Modelle zur Gesunderhaltung und Weiterentwicklung von Menschen dargestellt sind. Es ist ein Buch geworden, das zwar am Thema Burn-out aufgehängt ist, jedoch weit über diese Thema hinausweist. Insofern ist der Text nicht nur für das Thema Burn-out aufschlussreich.

Beim Schreiben hatte ich meine Klient*innen vor meinen Augen und schrieb ein Buch, das sowohl Fachleute als auch Laien lesen können. Würde ich heute das Buch neu herausgeben würde der Untertitel zum Titel: „Erfolgreich arbeiten – erholt in den Feierabend“

Jörg Dahlbeck hat in seiner Rezension vom 29.11.2013 das Buch treffend beschrieben
(https://www.socialnet.de/rezensionen/14436.php)

Thema

Burnout ist in. Unter den psychischen Erkrankungen nimmt dieses Krankheitsbild mittlerweile fast so etwas wie eine „Must have“-Stellung ein. Kaum ein Tag vergeht, an dem Burnout nicht in den Medien präsent ist, sei es im Fernseher oder in Radiosendungen, Zeitungen und Zeitschriften oder in einer in ihrer Anzahl kaum mehr zu überblickenden Ratgeberliteratur. Vor diesem Hintergrund hat es jede Neuerscheinung zum Thema schwer, noch angemessen wahrgenommen zu werden. In seinem Buch „Burnout verstehen und heilen“ versucht Dr. Johann Schneider Betroffenen unter anderem mit Methoden der Transaktionsanalyse eine praktische Orientierung zu vermitteln.

Autor

Dr. Johann Schneider ist Facharzt für Neurologie und Psychiatrie. Er ist lehrender Transaktionsanalytiker, ärztlicher Psychotherapeut und seit 1989 freiberuflich in eigener Praxis und eigenem Institut als Coach, Supervisor und Lehrtrainer tätig.
Aufbau und Inhalt
Das Buch ist in fünf Teile gegliedert.
Im ersten Teil beschäftigt sich Schneider mit der Balance der verschiedenen Lebensbereiche. Hierzu hat er eine Lebensblume entwickelt, deren einzelne Blätter jeweils einen Lebensbereich wie z. B. Familie, Kinder, Körper, Beruf etc. repräsentieren. Diese Lebensblume steht für Schneider symbolisch für einen lebendigen Organismus, der sich entwickelt und wächst und in den verschiedenen Lebensphasen seine Gestalt wechselt.
Jedem Blatt dieser Lebensblume widmet der Autor einen Abschnitt, in dem er diesen Lebensbereich zunächst beschreibt, seine Bedeutung für den Menschen veranschaulicht und mit vielen Beispielen aus der Praxis und vielen anderen Themenfeldern illustriert und am Ende des jeweiligen Abschnittes mit praktischen und konkreten Tipps für den Alltag versieht.
Der zweite Teil des Buches behandelt die Grundbedürfnisse des Menschen und wie wichtig es ist, sie adäquat zu stillen. Schneider benennt diese Grundbedürfnisse wie z. B. Sauerstoff, Licht, Wasser, Nahrung, Zuwendung, etc. und gibt auch hier am Ende jedes Abschnittes praktische und konkrete Tipps für den Alltag. Dem Grundbedürfnis nach Zuwendung misst der Autor besondere Bedeutung bei. Er beschreibt anschaulich die Zuwendungstheorie, illustriert sie wieder mit Beispielen und gibt den Lesern mit Tabellen ein Hilfsmittel an die Hand, mit denen sie ein eigenes Zuwendungsprofil erstellen können.
Auch der Ausdruck von Gefühlen gehört für Schneider zum Stillen der Grundbedürfnisse. Zunächst definiert Schneider den Begriff Gefühle, um dann in einem zweiten Schritt die Grundgefühle wie z.B. Ärger, Angst und Scham und ihre Funktionen zu beschreiben. Auch hier verwendet der Autor zahlreiche Beispiele und gibt Tipps für den sorgsamen Umgang mit Gefühlen.
Am Ende des zweiten Kapitels folgen Fragebögen zum Erstellen eines eigenen Grundbedürfnisprofils.
Im dritten Teil benennt Schneider Grundprinzipien der Lebensgestaltung und zeigt Modelle für die Vorbeugung und Behandlung des Burnout-Syndroms auf. Zunächst geht es Schneider noch einmal um die im vorangegangenen Kapitel aufgezeigten Grundbedürfnisse des Menschen und zeigt anhand dreier Eskalationsstufen auf, was geschieht, wenn sie nicht ausreichend befriedigt werden. Er betont die Wichtigkeit, die eigenen Bedürfnisse rechtzeitig wahrzunehmen und in unserem Handeln zu berücksichtigen. Mit Hilfe detaillierter Fragebögen zum Thema Stress sensibilisiert er die Wahrnehmung von Betroffenen. Viele Beispiele, zahlreiche Grafiken und einige Übungen runden dieses Kapitel ab.
Im letzten Teil seines Buches macht Schneider dann noch eine Reihe von Anmerkungen für professionelle Begleiter. Hier gibt er z.B. grundsätzliche Hinweise zu Interventionstechniken und einer professionellen Haltung. Darüber hinaus definiert er noch einmal genauer das Burnout-Syndrom und macht zu jedem der vorangegangenen Kapiteln kurze ergänzende Bemerkungen für professionelle Begleiter.
Im Anhang des Buches finden sich eine ganze Reihe von Fragebögen zum Thema Grundbedürfnisse, eine Sammlung von Erlaubnissätzen nach Levin sowie ein umfangreiches Literaturverzeichnis zum Thema.

Diskussion

Das Buch ist weit mehr als ein Arbeitsbuch für Betroffene zum Thema Burnout. Es eignet sich durch seine verständliche Sprache und seiner Praxisorientierung durchaus auch für an dem Thema überhaupt interessierte Leser wie zum Beispiel Angehörige und Freunde von Betroffenen. Aber auch der professionelle Begleiter hat durchaus seine Freude am Buch. Durch die Vielzahl der Fragebögen bekommt er gute Arbeitsmittel für den Umgang mit Burnout Erkrankten an die Hand. Für professionelle Begleiter ist die zum Teil recht kleinteilige Beschreibung von Methoden und Praxisbeispielen etwas ermüdend, für sie ist das Buch aber auch nicht in erster Linie geschrieben. Viele der beschriebenen Methoden dürften ihm bekannt sein und manche der von Schneider selbst entwickelten Methoden bzw. Kategorisierungen dürften ihn an bereits bestehende Konzepte zur Betrachtung der menschlichen Bedürfnisse erinnern. Die von ihm entwickelte Lebensblume weist zum Beispiel viel Ähnlichkeit mit dem von Hilarion Petzold entwickelten Identitätsmodell auf, ist mir persönlich aber aufgrund ihres organischen und sich damit immer entwickelnden Bild einer Blume sympathischer und scheint mir auch lebensnäher.
Das Buch ist insgesamt grafisch ansprechend gestaltet und fällt durch eine angenehme Schriftgröße positiv auf. Auch der Preis ist angemessen. Lediglich der Einband wirkt qualitativ nicht sehr hochwertig und auch nicht besonders einfallsreich gestaltet. Das ist insofern schade, da das Buch inhaltlich für mich eines der sehr guten Bücher zum Thema ist. Einen Kaufimpuls löst das Äußere dieses Buches leider nicht aus.

Fazit

Wer als Betroffener oder als Berater ein Arbeitsbuch zum Thema Burnout sucht ist hier bestens bedient. Eine große Fülle von Anregungen, Arbeitsmaterialien und konkreten Tipps können dabei helfen, das innere Feuer wieder zu entfachen.
Rezension von
Dipl.Sozialarbeiter Jörg Dahlbeck
Freiberuflicher Berufs- und Projektcoach, systemischer Berater